Die Kuroi Kage. Eine Schule, die mitten im Herzen des magischen Reiches von Yama lag und als Eliteschule betrachtet wurde.
Alles, was in dieser Welt einen Rang und Namen hatte, schickte ihre Kinder auf diese Schule.
Ein Sammelbecken für die größte Macht des Universums, aber auch ein Ort zum lernen und Freunde finden.
Aber selbst in der magischen Welt war nicht immer alles so einfach, wie es schien.
Schatten huschten durch die Nacht.
Eine weißhaarige, junge Frau hatte es sich - hinter einem pompös anmutenden Schloss im mittelalterstil - auf zwei autogroßen Heuballen bequem gemacht.
Im fahlen Licht des blauen Mondes, der am Himmel schien, wirkten ihre Haare eisig und ihre Haut so seidig weiß, wie Schnee.
Ihre Rundungen zeichneten sich deutlich gegen die Dunkelheit ab und durch ihr silbrig-weißes Kleid wurden ihre Brüste noch mehr hervor gehoben.
Yunas lange Beine waren übereinander geschlagen und ihre nackten Beine baumelten knapp über dem Boden.
Vor ihr kniete ein Mädchen vor einem Feuer und es war schwer zu sagen, ob ihre Haare wirklich so rot waren, oder ob das Feuer die Farbe verstärkte.
Auch ihre Haut war blass und rein, aber ihre Figur war kaum zu erkennen. Das schwarze Kleid ließ sie fast völlig mit der Dunkelheit verschmelzen und ohne das Feuer vor ihr,
wäre sie so gut wie unsichtbar.
Sezuna hielt ihre Hände an das Feuer, doch nicht um sie zu wärmen.
Das Feuer begann empor zu züngeln, ehe es von unten heraus seine Farbe änderte. Erst wurde es bläulich, dann grün und schließlich wieder rot.
Yuna blickte zu ihrer großen Schwester, die mit dem magischen Feuer spielte. "Mach mir mal etwas Licht zu lesen", bat sie mit melodischer, aber kalter - fast teilnahmsloser -
Stimme. Ihre blass-blauen Augen funkelten wie geschliffene Kristalle aus Wasser.
Sezuna strich ihre langen Haare zurück und richtete sich auf. Eine Hand führte sie über das Feuer und ein kleiner Feuerball löste sich vom Rest.
Dieser war Tischtennisball groß und umkreiste ihre Hand, ehe er die Farbe änderte. Das Feuer wurde immer heller und schließlich strahlte es ein - angenehmes - perlmutfarbenes
Licht aus.
Nicht so hell wie eine Taschenlampe, aber hell genug um Yuna das Lesen zu vereinfachen. Nicht dass es ihr schwer gefallen wäre, in der Dunkelheit die Buchstaben zu erkennen.
Aber es war ein besseres Feeling Krimis mit dem richtigen Licht und in der richtigen Atmosphäre zu lesen.
"Macht das Licht aus, das stört", brummte eine männliche - raue - Stimme verstimmt.
Allan lag ebenfalls auf einem Heuballen, aber er blickte in den Himmel und beobachtete die Sterne, die umher schwebten. Seine stohblonden Haare schimmerten im Licht des
Feuers und seine roten Augen konkurierten mit Sezunas Haaren um die Intensität.
Sein Körperbau war drahtig und doch zeichneten sich deutlich Muskeln unter seinen Sachen ab. Diese wirkten wie eine Tunika und hatten etwas elfenhaftes an sich. Aber Allan
war alles andere, als ein Elf.
"Tu nicht so, als würdest du schlafen wollen, dass kannst du eh nicht", erklärte Yuna und es war schwer zu sagen, ob sie ihn necken wollte, oder ob sie ihn beleidigen wollte.
Ihre Stimme hatte diesen natürlichen - kalten - Ton und doch schwang etwas in ihrer Stimme mit, dass Allan grinsen ließ.
"Ich glaub da kommt Saki", murmelte er und es klang fast so, als wäre er kurz davor einzuschlafen.
Sakane - kurz Saki - war eine aufgeweckte, junge Hexe mit schulterlangen braunen Haaren und einer Gitarre, die sie bei jeder Gelegenheit mit schleppte. Außerdem war sie keine
1.50 groß und da sie ihre Rundungen immer unter weiten Pullovern versteckte, war sie kaum als 18 Jährige zu erkennen.
Aufgeweckt hüpfte das Mädchen über das okerfarbene Gras auf die kleine Gruppe zu.
In ihren Händen hielt sie ein paar Würstchen, die auf Spieße gesteckt waren. "Schaut mal Würstchen zum grillen", grinste sie gut gelaunt.
Sezuna ließ das Feuer mit einer Handbewegung wieder rot werden und nur noch ein kleiner Faden violetten Rauches erinnerte an die ehemalige Farbe.
"Immer her mit dir. Wer Essen mitbringt, ist uns willkommen", erklärte Sezuna und zeigte beim Grinsen ihre spitzen -
glänzenden - Eckzähne.
Saki lächelte Sezuna ebenfalls an und hockte sich dann zu ihr um die würstchen über dem Feuer zu erwärmen.
"Fehen nur noch der Welpe, die Wasserratte und die Weintraube", murmelte Allan vor sich hin und Sezuna kicherte.
Mit dem Welpen war Sam gemeint. Ein Lycaner, der zwar schon sehr alt war, sich aber immer noch benahm wie ein Kind.
Die Wasserratte war Yume. Ein Wassergeist und manchmal eine ziemliche Zicke. Aber sie hatte einen guten Kern und irgendwie war sie wohl auch mit Sezuna verwandt. Irgendwie
halt.
Und die Weintraube war Rukia. Eine junge, aufgeweckte Hexe mit violetten Haaren und meist eben so violetten Sachen.
Der Mond stand hoch am Himmel, als Sam endlich zu den Anderen stieß. Seine braunen Haare waren nass - wahrscheinlich war er baden gewesen - und seine orangefarbenen Augen
leuchten im Dunklen. Ein typisches Zeichen, dass er ein Lycaner war.
Hinter ihm folgten Yume, ein Mädchen mit schwarzen - langen - Haaren und wasserblauen Augen. Von ihren Armen tropfte Wasser und ihre Kleidung wirkte immer ein wenig nass. Das
lag daran, dass sie ihren Körper verflüssigen konnte und die menschliche Form noch nciht ganz so gefestigt war.
Rukia lief naben ihr. Ihre violetten Haare reichten bis zu ihren Schultern und das dicke violette Schultertuch wirkte alt, aber elegant. Ihr Kleid hingegen war kurz und
jugendlich.
"Dann sind wir ja vollständig", murmelte Sezuna, biss in den Rest ihres Würstchens und erhob sich.
Sam ließ sich im Schneidersitz vor das Lagerfeuer fallen. "Und? Warum sollten wir uns mitten in der Nacht raus schleichen? Sicherlich nicht, weil du Lust auf ein Lagerfeuer
hattest."
Sezuna kicherte. "Nein, natürlich nicht", damit wand sie ihren Blick zu Yuna. Diese legte ihr Buch zur Seite und schlug die Beine übereinander. "Yui hat in zwei Tagen ihren
fünfhundertsten Geburtstag", erklärte sie mit ihrer typisch gelangweilten Stimme, doch ein leichter Unterton schwang darin mit, der jeden - der Yuna kannte - deutlich machte, dass ihr diese Sache
wichtig war.
Allan gab ein verächtliches Geräusch von sich. "Was willst du einer sau schlechte, chaotischen und hoch explosiven Hexe schenken?", wollte er skeptisch wissen und setzte sich
auf. Nun ruhte sein Blick auf Yuna.
Sezuna strich sich durch ihre roten Haare. "Naja, wir dachten da an ein handsigniertes Märchenbuch."
"Ein Märchenbuch?", krächzte Yume mit erstickter Stimme. Das war ihr völlig suspekt.
Auch Rukia zog verwundert eine Augenbraue nach oben. "Yui ist eine verrückte Hexe mit dem Drang Gegenstände in die Luft zu jagen und mit ihren Dolchen alles mögliche ...
abzuschlachte. Und ihr wollt ihr ein Märchenbuch schenken?"
"Yui liebt Märchen", war alles, was Yuna dazu zu sagen hatte.
Sam rieb sich die Schläfe und schien nach zu denken. "Also dachtet ihr, wir machen uns auf in den Märchenwald, suchen ein paar Märchenfiguren und lassen sie dieses Buch
signieren?", wollte er wissen und klang keines Falls begeistert.
"Ja genau so", erklärte Sezuna lächelnd und voller Elan. Sam starrte sie eine Weile lang schweigend an, als suche er in ihren Gesicht nach einer anderen Antwort. Als er diese
nicht fand, begann er heftig und in einer anderen Sprache zu fluchen.
"Märchenwald", murmelte Rukia und sah Sezuna mit ihren großen - violetten - Kinderaugen strahlend an. "Ich wollte schon immer mal in den Märchenwald", erklärte sie mit so
viel kindlicher Naivität, dass sich Sezuna auf einmal nicht mehr so sicher war, ob Rukia wirklich in ihre Klasse ging.
Allan legte der Violetthaarigen eine Hand auf die Schulter. "Dir ist aber klar, dass sich die Personen im Märchenwald von denen aus den Geschichten unterscheiden, oder?",
wollte er fast väterlich und sanft wissen.
Diese Mischung ließ Rukia verwundert drein blicken. Irgendwie konnte sie Allan nicht so ganz folgen.
Yume schien das zu bemerken und seufzte resigniert. "Du kennst doch sicher die Geschichte von Rotkäppchen, oer?", wollte sie wissen und Rukia nickte.
Saki schwang sich auf einen Heuballen, zog ihre Gitarre hervor und begann Yumes Geschichte eine düstere, musikalische Stimmung zu verleihen.
"Weit verbreitete ist die Geschichte, dass sie ihre Großmutter rettet, die von einem Wolf gefressen wurde", begann sie und Rukia setzte sich zu Sezuna an das
Lagerfeuer.
"Aber im Grunde, hat es sich ganz anders zugetragen", fuhr Yume fort und ließ dabei ihre Stimme spielen.
"Rotkäppchen ist nicht das kleine, undschuldige Mädchen, dass wir kennen und ihre Großmutter ist alles andere als alt und zerbrechlich. Sie gehört zu einer Gruppe von
speziell ausgebildeten Jägern. Spezielle Auftragskiller, deren Aufgabengebiet das töten von Lycanern ist."
Rukia blickte Yume mit großen Augen an und Saki zerriss eine ihrer Gitarrensaiten. "Rottkäppchen ist eine Auftragskillerin?", wollte das Mädchen mit der Gitarre verwirrt
wissen. Damit hatte sie nun gar nicht gerechnet, denn die Geschichte von Rotkäppchen war ihr fremd.
Sezuna seufzte auf. "Ja, ist sie", murmelte sie und blickte zu Sam.
Dieser schnaubte verächtlich. "Zum Glück keine besonders gute, mich hat sie nicht bekommen. Aber sie trägt den Namen Rotkäppchen zu recht, denn ihr Mantel ist immer rot.
Getränkt von Lycanerblut", erklärte er und Rukia gab ein überlegendes Geräusch von sich.
Sie wusste, dass Lycanerblut - anders als Menschenblut - nicht braun wurde, wenn es trocknete, sondern seine zinoberrote Farbe behielt.
"Also gehen wir dieses Buch signieren, damit wir schnell damit fertig sind", seufzte Allan und wollte schon losgehen, doch Yuna hielt ihn zurück.
"Und? Welche Märchenlegenden sollen alle unterschreiben?", wollte sie wissen und hielt schon einen Zettel und Stift bereit.
Schweigen breitete sich aus, während alle Yuna anstarrten.
"Rapunzel!", war Yumes erster Einfall.
"Yui mag Dornröschen", bemerkte Sezuna überlegend. Allerdings wusste sie noch nicht genau, wie sie diese wecken sollte.
"Die schläft doch", grummelte Sam, dem diese Idee noch nicht ganz geheuer war. Sein Einwurf wurde ignoriert, denn Sakis Einfall war noch ein wenig komplizierter.
"Der Froschkönig", schlug sie lächelnd vor und alle sahen das kleine Mädchen an.
"Wie soll ein Frosch eine Feder halten?", wollte Allan wissen. Er konnte sich nur schwer vorstellen, wie ein Frosch unterschreiben sollte. Vielleicht konnten sie seine Pfote
in Tinte tauchen und diese auf das Blatt drücken.
Yuna setzte seinem Gedanken ein Ende. "Das können wir später klären. Weitere Vorschläge?", wollte sie wissen, während sie fleißig alles notierte.
"Rotkäpchen!", rief Rukia aufgeregt. "Ich will sie kennen lernen", damit sprang sie aufgeregt auf und ab und Sam knurrte sie genervt an. Sezuna verdrehte die Augen. "Und sie
will Sam für ihre Trophähenwand", erklärte sie nüchtern.
Rukia sah sie allerdings nicht verstört, sondern mit funkelten Augen an. "Trophähen?", fragte sie mit kindlicher Naivität, aber Sezuna wusste genau, dass die Viletthaarige
wusste, um welche Art der Trophähen es ging und das machte ihr ein wenig Angst.
Yuna gab ein genervtes: "Wie naiv", von sich, auch wenn Sezuna nicht ganz verstand, auf was sie das bezog. Sicher nicht auf Rukia. Oder etwa doch? War sie naiv, weil sie
Rotkäppchen - trotz der Gefahr, die von ihr ausging - sehen wollte, oder weil Sezuna unbewusst nickend zugestimmt hatte?
Yume klatschte in die Hände. "Damit wäre das wohl entschieden", trällerte sie gut gelaunt.
"Brechen wir in den Märchenwald auf", erklärte Sezuna und erhielt ein wehleidiges Seufzen von den beiden Jungen.
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